Die Büttenrede in ihrer heutigen Form ist seit den 1830er Jahren nachweisbar. Ihren Ursprung hat sie deutlich früher, im sogenannten „Rügerecht“ des Mittelalters. Zur Fastenzeit war es der einfachen Bevölkerung gestattet, die Obrigkeiten ungestraft zu kritisieren – ob die so Gescholtenen sich dies tatsächlich immer gefallen ließen, ist dagegen nicht überliefert. Zum Glück sind die Risiken für heutige Büttenredner und Rednerinnen ungleich geringer. Was Sie für einen erfolgreichen Auftritt beachten müssen, erklärt Ihnen unser Ratgeber.
Wie schreibt man eine Büttenrede? Über Inhalt und Form
Zum Inhalt: Was darf Satire – oder besser: was soll Satire? Der Kern der Büttenrede ist die Satire. Der Begriff „Satire“ wird heute oft als eine Art Entschuldigung über alles gestülpt, was doch eigentlich nur plumpe Beleidigung ist. Satire überspitzt, um den Mächtigen den Spiegel vorzuhalten. Wenn eine 12-Jährige das autoritäre Gehabe ihres Schuldirektors überspitzt, ist das Satire. Wenn sie dagegen Witze über die Unsicherheit der Erstklässler reißt, ist das keine Satire. Satire zielt nach oben.
Wie finden Sie das richtige Thema für Ihre Rede?
Themen finden Sie überall. Aus der Tageszeitung, den Nachrichten, aus Gesprächen. Aber nicht alle Themen eignen sich für eine Büttenrede.
Wichtig ist: – Das Thema muss Ihr Publikum interessieren – Das Thema muss Sie selbst interessieren
Das Thema der Büttenrede muss dem Publikum bekannt sein. Und es muss das Publikum emotional ansprechen. Eine Büttenrede über die Umwidmung des Flurstückes 72 in eine landwirtschaftliche Fläche interessiert erstmal niemanden. Wenn aber der Bürgermeister die Fläche hat umwidmen lassen, weil er sich mitten im Wohngebiet Pferde halten will, schaut die Sache schon anders aus.
Aber auch Ihnen muss das Thema unter den Nägeln brennen. Es muss Sie ärgern, aufregen – oder schlicht wundern. Ist Ihnen das Thema gleichgültig, werden Sie ewig an Ihrer Rede sitzen und trotzdem nichts aufs Papier bringen. Wie Sie das richtige Thema erkennen? Ganz einfach: Wenn sich Ihr Text fast von allein schreibt. Haben Sie Ihr Thema gefunden, bleiben Sie ihm treu. Wenn Sie zu viel in Ihre Rede packen wollen, franst sie aus und das Publikum weiß nicht mehr, über was Sie eigentlich reden.
Zur Form: Wegweiser oder Leitplanke?
Im Gegensatz zu Texten etwa im Internet haben Sie bei einer Büttenrede einen entscheidenden Vorteil: Die Gäste wollen Ihnen zuhören. Sie müssen also Ihr Pulver nicht in den ersten Sätzen verfeuern, Sie müssen niemanden anlocken. Sie können sich Zeit lassen und die Pointe aufbauen. Zu gemächlich sollten Sie aber auch nicht starten. Nutzen Sie die 2-3-1 Struktur. Das heißt: Eine gute Pointe nah am Beginn Ihrer Rede, die ruhigeren Passagen in die Mitte und das Beste zum Schluss. Eine klassische Büttenrede wird oft in Mundart und in Reimform vorgetragen. Meist in Form des sogenannten Jambus. Betont wird hierbei jede zweite Silbe. Behalten Sie dabei Ihre Kernaussage stets im Blick und planen Sie auch Pausen ein, etwa für den Karnevalsruf. Ein Alaaf oder Helau zwischendurch schafft ein verbindendes Element zwischen Ihnen und Ihrem Publikum und setzt Akzente. Nutzen Sie diese Besonderheit der Büttenrede.
Die Rede unbedingt üben
Holen Sie sich vor Ihrem Auftritt möglichst viele Meinungen ein. Besonders freuen sollten Sie sich dabei über schlechte Kritiken. Denn dann können Sie davon ausgehen, dass Ihnen der Kritiker wirklich helfen will. Nichts ist schlimmer, als von seinen Testhörern aus Sympathie gelobt zu werden und dann an der Bütt zu stehen und nur höflichen Applaus zu ernten.
Was ist das Besondere an der Büttenrede von Senioren?
Bei einer Rede wirken Sie als Person immer gemeinsam mit dem Text. Diese Wirkung können Sie nutzen. Ein konkretes Beispiel: Als Senior wird von Ihnen bei der modernen Technik ein unbeholfener Umgang erwartet. Sie können diese Erwartung bedienen und Alltagssituationen zum Thema machen, bei denen Sie etwas falsch machen. Das wird auf einem Seniorenfasching sicher angenommen, alle machen schließlich ähnliche Erfahrungen mit der Technik.
Sie können aber auch weiterdenken und etwa die Nachteile technischer Entwicklungen zum Ziel nehmen. Nachteile, die junge Menschen vielleicht nicht sehen. Ist es wirklich schneller, 50 E-Mails hin und her zu schicken als einmal fünf Minuten zu telefonieren?
Sie können auch noch weiter gehen und die Erwartungen des Publikums brechen. Konkret: Die Erwartung des Publikums, als Senior unbeholfen der Technik gegenüber zu stehen, mit einer überraschenden Wende auflösen.
Wie wird man zum Büttenredner?
Das kommt darauf an, wo Sie Ihre Rede halten möchten. Beim lokalen Sportverein werden Sie leichter einen Auftritt bekommen als bei einer überregionalen Faschingsveranstaltung. Aber immer gilt: Sprechen Sie die Verantwortlichen einfach an. Telefonnummern und E-Mail-Adressen finden Sie über das Internet oder Telefonbuch heraus.
Die Rede und das Lampenfieber
Sie haben Ihre Rede geschrieben, überarbeitet und geübt und nun ist er da, der große Tag. Und das Lampenfieber. Zwei Aspekte können Ihnen vielleicht helfen: Erstens: Der erste Satz ist der schwerste. Wenn der rum ist (gut, vielleicht auch der zweite oder siebte), wird es einfacher. Sobald das Publikum einmal gelacht hat, ist es sowieso bei Ihnen. Sie haben dann bewiesen, dass Ihre Büttenrede lustig sein kann und das Publikum wird Ihnen gespannt folgen. Deshalb ist es auch so wichtig, Ihre zweitbeste Pointe an den Anfang zu setzen. Zweitens: Machen Sie sich bewusst, dass jeder Lampenfieber hat. Ganz egal, wie oft man auf der Bühne steht. Und was haben Sie zu verlieren? Im Gegensatz zu den Menschen im Publikum haben Sie sich nämlich getraut. Sie haben sich die Arbeit gemacht und trauen sich jetzt in der Bütt zu stehen. Haben Sie Spaß dabei, dann hat es auch Ihr Publikum. Helau!